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Megakino und die Folgen

 
 

Eine Zäsur für die Kinolandschaft waren die Multiplex-Kinos, große Kinobauten mit mehreren Sälen, großflächigen Leinwänden, hervorragender Technik und einem Angebot an Cafes, Bars und Restaurants im selben Gebäude. Multiplex – das war das Gegenteil der Schachtelkinos der siebziger Jahre.

1990 eröffnete mit dem UCI in Hürth das erste Multiplex-Kino in Deutschland, es folgten weitere in Bochum und Essen. Seit 1991 existiert der Cinedom in Köln mit 14 Sälen und 3.510 Plätzen. Für die Kinos am Ring, in deren unmittelbarer Nähe der Cinedom lag, bedeutete die Neueröffnung eine starke Konkurrenz.

Der Neubau des 105 Millionen Mark teuren Cinedoms sorgte für Aufmerksamkeit: „Ein neuer Kölner Dom“ schrieb Der Spiegel im Dezember 1991: „Am Freitag sorgte Eichinger für einen Lichtblick: Im künftigen Kölner Mediapark, wo derzeit noch gebuddelt und gebaggert wird, schaltete der erfolgreiche Filmmanager 3200 glitzernde Glasfaserdioden an, die in der Kuppel einer 30 Meter hohen Rotunde einen Sternenhimmel vortäuschen und damit eine neue Hochburg großstädtischer Kino-Architektur krönen."
 

 

Der Cinedom bot für damalige Verhältnisse gleich mehrere Neuerungen: Die Säle waren alle schwarz ausgekleidet, dunkel gepolsterte Sessel, die Leinwände wandfüllend, jeder Sitz mit Beinfreiheit und optimaler Sicht. Dazu kam eine den Filmen angemessene Projektions- und Tontechnik mit dem damals neuesten THX-Lucas-Sound-System. Der kleinste Saal mit 102 Plätzen bot den gleichen Raumstandard wie der größte mit 712 Plätzen, eine Ausstattung, die andere Kinos lange hatten vermissen lassen.

Erstmals seit Jahren wurde wieder über Architektur und Raumatmosphäre im Kino gesprochen. Die Devise war „Kino als Erlebnis-Raum", zu dem Gastronomie und Bars dazugehörten. Die Betreiber, die Constantin Warner Kino GmbH, zeigten sich selbstbewusst: Bernd Eichinger (Filmproduzent und Mehrheitsgesellschafter der Constantin) sprach vom „modernsten Kinopalast der Welt" und Edwin Leicht, der geschäftsführende Gesellschafter der Firma, stellte fest: „Deutschland ist Entwicklungsland in Sachen Kino. Wir investieren, weil die deutschen Kinobesitzer nicht agieren."

Zahlreiche Kinoschließungen

 

Die Folgen dieser Entwicklung blieben nicht aus. Im weiteren Verlauf der neunziger und frühen 2000er Jahre werden Kinoschließungen zunehmend das Kennzeichen der Kölner Kinolandschaft: 1993 drohte der renommierten Lupe 2 am Mauritiussteinweg die Schließung. Der Göttinger Filmverleih Kircher betrieb sie dann noch bis 2005 weiter (In dem Film „Das weiße Rauschen" (2001) ist noch der Eingang zu sehen).

1995 machte das Capitol am Ring dicht, ebenso das Theater am Rudolfplatz und 2001 musste das Broadway-Kino auf der Ehrenstraße nach 19 Jahren erfolgreicher Programm-Kino-Arbeit den überteuerten Immobilienpreisen auf der Ehrenstraße weichen. Es ließ sich keine Einigung über den Mietpreis erzielen. Eine Textilkette konnte die geforderte Summe dann leichter zahlen.

 


Ein Schließen und (Wieder-)Öffnen erfolgte auch in der Off-Kino-Landschaft: 1996 schloss das Stadtgarten-Kino, das die letzten Jahre ausschließlich vom Stadtgarten (Initiative Kölner Jazzhaus e.V.) betrieben worden war. Mit dem Umbau auf dem ehemaligen Bahngelände – heute Mediapark – an der Maybachstraße zog das Kölner Filmhaus um und eröffnete 1998 dort sein eigenes Kino.

Die Cinemathek beendete 2001 ihr traditionsreiches Abspiel im Museum Ludwig. Erst seit Ende 2005 werden im dortigen Vortrags- und Kinosaal wieder Filme gezeigt, im Filmforum NRW, einem Zusammenschluss von acht Mitgliedern, u.a. der Filmstiftung NRW, dem WDR, KinoAktiv, dem Produzentenverband NRW und dem Museum Ludwig.

Wechsel und Umbau

 

In den folgenden Jahren teilen sich die Filmkunstkinos, bzw. ihre Programmacher und Leiterinnen die wenigen Säle, wechseln auch mal das Kino oder übernehmen ein anderes: Nach der Schließung des Broadway-Kinos und des Odeon in der Kölner Südstadt im November 2001 führten die Mitarbeiter (u.a. Angela Wilde und Jürgen Lütz) letzteres in Eigenregie weiter. Das Kino, das lange Zeit nur einen großen Saal hatte, wurde 2008 umgebaut und kann seitdem zwei Säle bespielen.

Christian Schmalz, der vorher ebenfalls im Broadway gearbeitet hatte, machte im OFF-Broadway Programm und leitet es seit 2002 selbst. Anfang 2010 übernahm er das Weißhaus-Kino von Manfred Kremer als zweite Spielstätte.
Dieter und Martina Bork bespielten ihr erstes Kino, die Filmpalette, nach der Eröffnung ihres zweiten Kinos, dem neuen Cinenova 1996 weiter, bis 2004 Joachim Kühn (vorher Filmhaus-Kino) und Dirk Steinkühler das kleine Kino übernehmen. Inzwischen ist auch dort ein zweiter kleiner Saal entstanden.

 


2005 fiel im Residenz der Vorhang, lange Zeit bespielte Oliver Pocher das ehemalige Kino. Nach einem umfangreichen Umbau eröffnete das Residenz im Frühjahr 2012 wieder als Kino mit modernster Technik und luxuriöser Ausstattung.

Die letzte Schließung betraf Ende März 2010 den Filmpalast am Ring mit 13 Sälen. Geschlossen wurde das Kino übrigens nicht wegen fehlender Besucherzahlen, die waren bis zuletzt gut, trotz abgeschabter Sitze und mangelnder Technik. Nach sechs Jahren Leerstand werden hier seit November 2016 wieder Filme gezeigt: im umgebauten Cineplex Filmpalast.

„Wagnis" Cinenova

 

Als regelrechte Ausnahmeerscheinung zu den Schließungen kam gegen Ende der 1990er Jahre ein neues Kino in den Stadtteil Ehrenfeld. Wo andernorts aus Kinos Supermärkte und Getränkelager wurden war es ausnahmsweise einmal umgekehrt: Aus einem Paketzentrum wurde ein Kino. Am 30. Oktober 1996 eröffnete das Cinenova in Ehrenfeld als hochmodernes Filmkunsttheater mit drei Sälen. Martina und Dieter Borck, den Betreibern der Filmpalette, gelang das Wagnis mit Unterstützung der damaligen Filmstiftung NRW und des Landes NRW.