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Kinopaläste der 1920er und 1930er Jahre

 
 

Mit der Eröffnung mehrerer großer Kinos begann in den zwanziger Jahren die Ära der prächtigen Lichtspiel-Theater mit bis zu 2.000 Sitzplätzen – eine für heutige Verhältnisse unvorstellbare Zahl. (Die Kölner Philharmonie verfügt über 2.200 Plätze, der größte Saal im Cinedom hat 700 Plätze).
1922 wurde die Schauburg in der Breite Straße 90 eröffnet, am Ring gab es das Emelka (Münchener Lichtspielkunst und Vorläufer der Bavaria-Filmproduktion) im Hansa-Hochhaus, die Lichtspiele des Westens, das Capitol und seit 1931 den Ufa-Palast.

Die Lichtspiele des Westens am Hohenzollernring waren ein besonders typischer Bau der zwanziger Jahre, eine Mischung aus neuer Sachlichkeit und repräsentativer Ausstattung:

„Im ganzen wurden damit ca. 800 einheitliche Sessel ermöglicht, die in ihrer Ausstattung als Einheitssitz eine Neuartigkeit für Köln darstellen und einen Fortschritt in der Kinoausrüstung bedeuten... Der Fußboden der Eingangshalle in blau-beige und deutsch-rot Marmor ausgelegt. Mit dieser Ausstattung entspricht der Vorraum den Anforderungen eines modernen Lichtspieltheaters ausgezeichnet... Alle Saalwände sind mit Sperrholzplatten verkleidet. Der untere Teil wurde mit Palisanderflächen zu einer geschlossenen, wohltuenden Wandtäfelung verbunden, während die obere Häfte der Seitenwände in lichten Farbtönen gestrichen wurde.“ (W.Stern „Moderne Bauformen“, 1929)

Faszination des Lichts

 
 

Aus dem leicht anstößigen Kinobesuch auf Jahrmärkten war ein gesellschaftlich anerkanntes Ereignis geworden, das auch festliche Kleidung miteinschloss. Noch immer gab es Musik-, Akrobatik- oder Revueeinlagen rund um den Film. Doch inzwischen stand die Leinwand im Zentrum. Die damalige Architektur und Innenausstattung betonten das große Rechteck durch ausgefeilte Lichtführung: technische Neuerungen wie Leuchtbuchstaben, farbige Lichtröhren und Scheinwerfer boten sich zur kunstvollen Gestaltung an. Die erleuchtete nächtliche Stadt mit elektrischer Straßenbeleuchtung, schimmernde helle Flächen und Lichtpunkte  – all das war in jener Zeit noch etwas ganz Besonderes.

„Lichtarchitektur war zu jener Zeit Ausdruck der modernen städtischen Begeisterung für künstliches Licht – Licht als technisches Ereignis. Es kam in vielfältiger Erscheinung zur Anwendung, mit den Lichtspielhäusern aber erhielt es eine eigenständige architektonische Funktion. Hier wurden die Möglichkeiten des Lichts gestaltend eingesetzt, die Lichtbilder des Films in räumliche Lichterscheinungen fortgesetzt – als ephemere Architektur, damit als Pendant zur vergänglichen Filmwelt.“ (Rolf-Peter Baacke „Lichtspielarchitektur in Deutschland“, 1982).

Kinos trotz Weltwirtschaftskrise

 

Die Weltwirtschaftskrise führte ab 1929 zu erheblichen Einbrüchen in allen Produktionsbereichen, die Zahl der Arbeitslosen wuchs gravierend – in Köln waren unmittelbar nach dem Zusammenbruch der New Yorker Börse Ende Oktober 1929 über 100.000 Menschen arbeitslos. Auch die Filmproduktion war rückläufig:
„Wurden 1928 in Deutschland noch 2.500 Filme produziert, waren es 1929 nur noch 1.000. Lediglich die Kinosituation entwickelte sich gegenläufig und Köln erlebte sogar eine „Inflation der Kinoplätze“. Waren 1926 nur 40 Kinos in der Stadt registriert, so gab es für die inzwischen 702.000 Einwohner im Jahre 1930 schon 48 und 1932 sogar 62 Häuser! Die Zahl der Kinoplätze verdoppelte sich in derselben Zeit beinah: von 16.400 auf 30.189.“ (Christa Aretz, Irene Schoor „Köln im Film – Filmgeschichte(n) einer Stadt“, 2004)
 

In dieser Zeit entwarf der Kölner Architekt Wilhelm Riphahn seinen ersten Kinobau für die Ufa (Universum Film-AG), untergebracht in einem Bürohaus am Hohenzollernring 22-24. Hier eröffnete der Ufa-Palast 1931 mit 1912 (!) Plätzen. Ein prächtiger Neubau mitten in der Krise.
„In einer Bauzeit von nur einem halben Jahr wurde das Stahlskelett hochgezogen, trotz der damaligen schlechten Wirtschaftslage. Daß der Kinoneubau so schnell fertiggestellt wurde, mag einerseits Indiz dafür sein, wie nötig gerade in schlechten Zeiten Orte der Unterhaltung sind, zum anderen auch dafür, wie eilig es der Tonfilm hatte, seinen ‚Siegeszug’ anzutreten.“ (Rolf-Dieter Lavier in „Vom Sehen im Dunkeln“, 1990)