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Köln nach 1945

 
 

Die wenigen Filme, die während des Zweiten Weltkrieges in Köln gedreht wurden, waren nationalsozialistische Propagandafilme, wie die Beiträge der Ufa-Wochenschau, die obligatorisch als Vorprogramm in den Kinos gezeigt wurden. Darüber hinaus entstanden nur einzelne, heimlich gedrehte Filmaufnahmen von Kölner Fotografen oder Filmemachern. 

Mit der Befreiung Kölns durch die amerikanischen Truppen setzte auch die Filmarbeit in der Stadt wieder ein.

Nur wenige Tage, nachdem die letzten Bomben auf Köln gefallen waren, filmten Kameramänner der einrückenden US-Truppen die Befreiung der ersten deutschen Großstadt. Die unter der Bezeichnung „Military Government in Cologne“ heute noch existierenden (stummen) Filmrollen zeigen, wie am 5. und 6. März 1945 Soldaten der 1. US Army über die Venloer- und die Gladbacher Straße bis zum Dom vorrücken. Es kommt zu letzten Gefechten mit deutschen Heckenschützen rund um die ausgebrannte Hauptpost, bei denen ein amerikanischer Panzer Feuer fängt.

Aufnahmen der Kameramänner des US-Army Signal Corps

 

Die Amerikaner stießen nur auf schwachen Widerstand. Kölner, die die Befreier mit weißen Fahnen und sogar mit „Welcome“- Schildern begrüßen, sind auf diesen Aufnahmen ebenso zu sehen wie Schuttberge und fensterlose Ruinen, kahle Bäume und zerstörte Straßenbahnen.
Gauleiter Josef Grohe und weitere NS-Funktionäre flohen vor der amerikanischen Armee ins Rechtsrheinische, wo sich die deutschen Truppen bis Mitte April verschanzten. Zwischen dem 12. und 15. April wurden auch die rechtsrheinischen Kölner Vororte größtenteils kampflos von amerikanischen Truppen besetzt. Das Sperrgebiet um den Dom und die Sperrzone um das linksrheinische Köln wurden danach aufgehoben. Die Rückwanderung der Bevölkerung setzte ein.

Von März bis Juni 1945 drehten die Kameramänner des US-Militärs regelmäßig im linksrheinischen Köln und zeigen Leben und Alltag in der zerstörten Stadt, in der am Ende des Krieges nur noch rund 40.000 Menschen im linksrheinischen und rund 60.000 Menschen im rechtsrheinischen Köln lebten.

 

Die Aufnahmen „Military Government, Cologne“ vom 7. März 1945 entstanden rund um die Bottmühle in der Kölner Südstadt. Frauen balancieren mit ihren Fahrrädern über Schutthalden, bepackt mit dem, was sie bei der Plünderung des Rheinauhafens zusammenraffen konnten. US-Soldaten versorgen die Bevölkerung auf den Straßen mit Wasser. Gleich neben den Wasserschläuchen haben zwei Frauen ihren Waschzuber aufgestellt und schrubben die Wäsche am Straßenrand. Ein Schild weist darauf hin, dass die Wasserentnahme nur von 9 bis 12 und von 15 bis 17 Uhr möglich ist.

In einer anderen Aufnahme vom 7. März stehen Kölner geduldig in einer langen Schlange vor einem Gebäude, in dem es Eier zu kaufen gibt. In Nahaufnahmen zeigt der amerikanische Kameramann Jugendliche und Alte, verhärmt, hungrig und elend, aber auch junge Frauen in modischen Hüten und einige, die den Krieg wohlgenährt überstanden haben.
Aufnahmen der amerikanischen Kameramänner vom Melatenfriedhof (14. März 1945) werden durch eine Schnittmontage symbolträchtig konfrontiert mit der Großaufnahme eines Schildes: Gebt mir fünf Jahre und ihr werdet Deutschland nicht wieder erkennen! (Adolf Hitler). Anschließend lenkt eine Kamerafahrt den Blick auf Trümmer und Steinhalden rund um den Rudolfplatz, auf einen zerstörten Straßenbahnwagen am Ring und die fast menschenleere Straße. Nur das Hahnentor ragt noch in seiner alten Größe über den Platz

Filmaufnahmen dokumentieren das Jahr 1945

 

Am 16. April, einen Tag, nachdem die amerikanischen Truppen auch in den rechtsrheinischen Kölner Vororten weitgehend kampflos eingerückt waren, machten ein amerikanischer Kameramann namens Bowman und ein „Officer in Charge“, namens Strauch Luftaufnahmen vom zerstörten Köln. Ihre Namen sind auf einer Filmklappe zu lesen, die zu Beginn der „Cologne Story“ des „Military Government, Cologne“ eingeblendet wird. 

Zu sehen ist die Kölner Altstadt mit der Kirche Groß St. Martin, die nur noch eine einzige Steinhalde ist. Die Schienen des Kölner Hauptbahnhofs enden an den verbogenen Stahlträgern der zerstörten Hohenzollernbrücke, die die letzten deutschen Einheiten bei ihrer Flucht aus der Innenstadt am 6. März 1945 gesprengt haben. Häuserruinen und zerstörte Fassaden werden mit dem Zoom ins Bild geholt. Nur die Türme des Doms sehen aus, als hätten sie den Krieg unbeschadet überstanden.

Andere Filmaufnahmen der amerikanischen Kameramänner vom 9. Mai 1945 zeigen die Ford-Werke in Niehl. Die Werksanlagen sind kaum zerstört und es kann sofort mit Aufräumarbeiten in der Haupthalle und im firmeneigenen Rheinhafen begonnen werden. Am 8. Mai 1945, dem Tag des offiziellen Kriegsendes in Europa, konnte so der erste neu gebaute Ford-Lieferwagen an die Alliierten ausgeliefert werden.

 

Der amerikanische Kameramann Muth (der Vorname ist unbekannt) drehte zwischen dem 31. Mai und dem 2. Juni 1945 die Filmfragmente: Erster Gottesdienst in den Überresten der Synagoge in Köln und Ehemalige Lagerinsassen beim Besuch eines jüdischen Gottesdienstes. Die Aufnahmen zählen zu den wenigen Filmen, die jüdisches Leben in Köln nach dem Holocaust dokumentieren. 

Während des Krieges waren alle Synagogen und jüdischen Einrichtungen in Köln zerstört worden und von ehemals 20.000 Kölner Juden hatten es kaum 50 geschafft, versteckt in ihrer Heimatstadt zu überleben. Die anderen wurden ermordet oder als Flüchtlinge in alle Welt zerstreut. In der zerstörten Synagoge in der Roonstraße wurde ein Raum von den Trümmern freigeschaufelt und zum Treffpunkt für die wenigen Überlebenden. Die Aufnahmen des amerikanischen Kameramannes zeigen den ersten jüdischen Gottesdienst in den Überresten der Synagoge. Das zweite Filmfragment zeigt ehemalige Lagerinsassen aus dem KZ Theresienstadt, die von der Synagogengemeinde nach Köln zurückgeholt worden waren.

Ein britischer Film aus Köln

 

Am 21. Juni 1945 übernahm die britische Armee von den US-Truppen die Verwaltung der neuen Nord-Rheinprovinz, zu der auch Köln gehörte. Der Wiederaufbau der Stadt begann. Erste Straßenbahnen fuhren wieder zwischen Weidenpesch und Nippes, Büchereien wurden geöffnet und Schulen nahmen ihren Betrieb wieder auf.
Mehr als die Hälfte der Kölner Schulen war im Krieg zerstört worden. Als am 23. Juli 1945 im linksrheinischen und ab dem 20. August 1945 im rechtsheinischen Köln die Schulen ihre Türen öffneten, waren die wenigen intakten Klassenräume bald überfüllt.

Im Zuge der „Re-education“, der politischen „Umerziehung“ der Deutschen zur Überwindung ihrer faschistischen Gesinnung, nahm die demokratische Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen durch die Alliierten einen besonderen Stellenwert ein. Zwischen Schulen in Birmingham und vier Kölner Schulen, u.a. der Königin-Luise-Schule und der Volksschule Machabäerstraße in Köln existierte beispielsweise bis Oktober 1947 regelmäßiger Briefkontakt. Die Schuldezernenten beider Städte planten, einen Kurzfilm über Kölner Schulen in Birmingham zu zeigen. Es ist zu vermuten, dass es sich dabei um den Film „School in Cologne“ handelte.

Werbung für den Aufbau von Schulen in Deutschland

 

Mit der Ernennung des bekannten britischen Dokumentarfilmregisseurs Arthur Elton zum „Film Adviser“ bei der britischen „Information Services Control Group“, die die Filmpolitik in der britischen Zone bestimmte, wurden die Arbeiten im Dokumentarfilmbereich intensiviert. „School in Cologne“, 1947 von einem deutschen und englischen Team in Köln gedreht, sollte in englischen Kinos gezeigt werden, um für Spenden für den Aufbau des Schulsystems in Deutschland zu werben. 

Die Aufnahmen zeigen Klassenzimmer, in denen der Stuck von der Decke hängt, statt Fenster klaffen offene Lücken in den Wänden. In den überfüllten Klassenräumen sieht man angestrengte ältere Lehrer*innen und dürftig gekleidete Kinder. Es gibt kaum Bücher und Schulmaterial. Der Kommentar verstärkt noch den Eindruck des Mangels: die Kinder haben keine winterfeste Bleibe, keine Kohlen, kaum zu essen, die Väter sind tot oder in Gefangenschaft und die Mütter mit Arbeit und Organsiation des Alltags beschäftigt.

Ein britischer Rezensent schrieb am 1.10.1948 in „The Manchester Guardian“: „Der Film zeigt auf, dass die Schule in den kriegszerstörten Städten die einzige Schranke zwischen den Kindern und einem Leben der Barbarei ist…“
Ob der Film in Großbritannien tatsächlich gezeigt wurde und Spenden für Kölner Schulen gesammelt wurden, ist nicht bekannt.