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Vom Kommen, Gehen und Bleiben – filmische Geschichten der Migration

 
 

„Man hat Arbeitskräfte gerufen, und es kommen Menschen.“ Der viel zitierte Satz von Max Frisch aus dem Jahr 1965 bezog sich zwar auf die italienischen „Gastarbeiter“ in der Schweiz, lässt sich jedoch ebenso auf die deutsche Situation der 1960er Jahre übertragen – und hat Aussagekraft bis heute.

Als Einwanderungsland sah sich Deutschland lange nicht. Ab 1955 hatte das westdeutsche „Wirtschaftswunderland“ mit speziellen Abkommen Arbeiter*innen aus Italien, Spanien, Griechenland, der Türkei und Marokko geholt. Mit dem von der Bundesregierung 1973 verhängten Anwerbestopp verringerte sich die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte wieder. Doch inzwischen waren Familien nachgezogen, deren Kinder in Deutschland aufwuchsen und eine neue Heimat fanden. Und weitere Menschen kamen und kommen nach Deutschland: in Folge des Vietnamkrieges, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, während der Balkankriege in den 1990er Jahren und nicht zuletzt aufgrund der aktuellen internationalen Kriegs- und Krisengebiete.

Einwanderungsland?

 

Viele Jahrzehnte sah sich die Bundesrepublik nicht als Einwanderungsland, im Gegenteil. Erst 1998 hat die Bundesregierung den „unumkehrbaren Prozess der Zuwanderung“ anerkannt. 2000 wurde das Staatsangehörigkeitsrecht geändert, es gilt nicht mehr wie bislang ausschließlich das Abstammungsprinzip, sondern auch das Geburtsortprinzip.
Seit 2005 existiert ein Zuwanderungsgesetz und seit 2019 ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz  – Deutschland versteht sich damit erstmals auch offiziell als Einwanderungsland. Dennoch bleibt vielen Einwander*innen der gleichberechtigte Zugang zu Arbeit, Ausbildung und eine wirkliche gesellschaftliche Teilhabe weiterhin erschwert.

Über Fremde – In der Fremde

 

Als die ersten Fernsehberichte ab 1960, 1961 über die damals sogenannten Gastarbeiter entstanden, geschah das mit deutlich sicht- und hörbarem Be-Fremden. Diese frühen Filmbeiträge stammen aus einer Zeit, als Pensionen und Gasthäuser in der Bundesrepublik „Fremdenzimmer“ anboten und die Erinnerung an „Fremdarbeiter“ im Nationalsozialismus noch lebendig war.
,Fremd‘ und ‚anders‘ – das sind Begriffe, die sich durch die 1960er- und 1970er Jahre in Kommentaren und Reportagen hindurchziehen. Die darin enthaltene abwertend gemeinte Unterscheidung in „Wir“ und „Die“ setzt sich bis heute fort, auch wenn sich der Sprachgebrauch geändert hat, Integration, migrantische Biografien und Multikulturalität neue Begrifflichkeiten wurden.

Köln spielt in der Geschichte der (bundes-)deutschen Einwanderung eine besondere Rolle: hier kamen die Züge aus Spanien und Portugal an. Züge aus Italien, em damaligen Jugoslawien und der Türkei hingegen endeten in München. Von hier ging die Reise dann weiter zu den Betrieben, die „Arbeitskräfte“ angeworben hatten, ins Ruhrgebiet, nach Hamburg oder Westfalen. Für viele Männer und Frauen war Köln das Ziel – sie arbeiteten bei Ford und Stollwerck, bei Klöckner-Humboldt-Deutz oder der Chemischen Fabrik Kalk.

 

Ab Mitte der 1970er Jahre verschiebt sich der Blickwinkel auf die Eingewanderten selbst. Die „Betroffenen“ kommen häufiger zu Wort, einem Perspektivwechsel folgend, der in der Berichterstattung über gesellschaftliche Themen oder einzelne Berufsgruppen generell zu beobachten ist. Inzwischen zeichnen sich viele Dokumentarfilme dadurch aus, den alles erklärenden Off-Kommentar reduziert einzusetzen oder ganz darauf zu verzichten und O-Töne und Bilder sprechen zu lassen. Und bei den Filmautor*innen selbst nehmen diverse Biografien zu.