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Erste Filmaufnahmen 1896

 
 

Am 20. April 1896 wurde in Köln zum ersten Mal in Deutschland öffentlich und für ein zahlendes Publikum ein Programm mit Filmen vorgeführt. Die erste Kinovorführung der deutschen Filmgeschichte fand also in Köln statt, nur wenige Monate nach der Geburtsstunde des Films 1895, die fast zeitgleich in Berlin (1.11.1895) und Paris (28.12.1895) angesetzt werden kann.

 

Der Ort dieser ersten Filmvorführung war ein Haus am Augustinerplatz 12 (heute Hohe Straße, Ecke Pipinstraße), in dem die Deutsche Automaten Gesellschaft (DAG), ein Tochterunternehmen der Firma Gebrüder Stollwerck einen Saal angemietet hatte. Hier wurden im ersten Stock des Gebäudes zwölf kurze Filme aus Frankreich präsentiert. Die „vues Lumière“ bestanden aus einer Einstellung von ca. 40 Sekunden – so lange, wie der 17 Meter lange Filmstreifen zu belichten war. Für einen Eintrittspreis von 50 Pfennig (reservierte Plätze kosteten eine Mark) konnten die Kölner erstmals die neue Erfindung der „lebenden Bilder“ bestaunen.

Vier Tage vorher, am 16. April 1896, wurden die bewegten Photographien bereits in einer geschlossenen Vorstellung in der firmeneigenen „Volksküche“ der Firma Stollwerck in der Kölner Südstadt gezeigt: ein Operateur der Brüder Lumière führte die Filmaufnahmen aus Frankreich vor – auf einer Maschine namens „Cinématographe Lumière“.

Drehort Köln

 

Zu Pfingsten, am 23. Mai 1896, hatte das Kölner Publikum dann bereits Gelegenheit, Bilder aus der eigenen Stadt zu sehen: „Am Kölner Dom nach dem Hauptgottesdienst“, „Feierabend in einer Kölner Fabrik“ (die Stollwerck-Fabrik in der Kölner Südstadt) sowie die „Ankunft des Eisenbahnzuges“. Der Operateur Charles Moisson bediente nicht nur den Vorführapparat, er hatte auch vor Ort gedreht: Straßenszenen und Alltagsszenen, vor der Kirche und am Bahnsteig.

Der Film „Am Kölner Dom nach dem Hauptgottesdienst“ zeigt eine Einstellung vor dem Dom: zu sehen sind Kirchgänger, die aus dem Haupteingang strömen und über den windigen Domvorplatz laufen. Einige Passanten schauen neugierig in die Kamera. Plötzlich ragt ein Spazierstock ins Bild und macht deutlich: schon in diesen ersten Filmaufnahmen führte jemand „Regie“ und lenkt die Schaulustigen an der Kamera vorbei.

 

Die „Ankunft des Eisenbahnzuges“ war eines der ersten Remakes der Filmgeschichte: die Operateure der Brüder Lumière hatten bereits eine ähnliche Szene in Frankreich aufgenommen, die bei der ersten Vorführung aufgrund der schnellen Bewegung für große Furore gesorgt hatte. In Köln taucht die Dampflokomotive zwischen den Türmen der damaligen Eisenbahnbrücke  auf und rollt über die geschwungenen Gleise in den Bahnhof ein – direkt auf die Kamera zu. Die Coupétüren öffnen sich, Reisende steigen aus, Wartende auf dem Bahnsteig setzen sich in Bewegung.

Auch der „Feierabend einer Kölner Fabrik“ hatte bereits einen Vorläufer: in Lyon hatten die Lumière-Brüder die herausströmenden Arbeiter vor den Toren ihrer eigenen Werkstätten aufgenommen. In Köln wählte Charles Moisson die gleiche Szene vor den Toren der Schokoladenfabrik Stollwerck in der Südstadt aus. Kein Zufall, war es doch Ludwig Stollwerck, der sowohl den Kamermann als auch den neuartigen Apparat an den Rhein geholt hatte und bezahlte. Diese Aufnahme – die nicht mehr existiert – war also zugleich einer der ersten „Werbefilme“ der Filmgeschichte – für die Firma Stollwerck.

 

Die Vorführungen der „lebenden Photographien“ waren rundum ein Erfolg: zwei Monate lang liefen die kurzen Filme im 30-Minuten-Takt – täglich von 11 bis 13 Uhr und von 15 bis 22 Uhr. Das Interesse an bewegten Bildern war geweckt. Die Firma Lumière aus Lyon lieferte neues Bildmaterial und auch in Köln gab es schon bald wieder neue Dreharbeiten:

Im September 1896 kam Constant Girel nach Köln, auch er ein Angestellter der Sociéte Lumière. Girel drehte die Ansicht einer Schiffsbrücke („Pontonbrücke“) und machte Aufnahmen von einem fahrenden Schiff aus („Panorama vom Schiff aufgenommen“). Bei dieser ersten Kamerafahrt der Filmgeschichte zieht das Panorama der Stadt auf der Leinwand vorbei, die Bewegung findet also nicht vor der Kamera statt, sondern erstmals durch die Kamera selbst.

Aufführungspraxis

 

Die ersten Filme liefen zunächst noch nicht in Kinos, wie sie heute bekannt sind. Die Projektionssäle wurden extra angemietet. Um das Laufpublikum für die Vorführungen anzusprechen, war es wichtig, dass diese Räumlichkeiten zentral lagen, an belebten Straßen oder in Häusern, die bereits als Varieté oder Theater bekannt waren. Da die Filme sehr kurz waren, stellten die Vorführungen nur einen Programmpunkt unter anderen dar und wurden mehrmals am Tage wiederholt. Die Filme boten ein Unterhaltungsangebot für Menschen, die in der Stadt unterwegs waren, sich eine Pause gönnen und dafür Geld ausgeben konnten.

Das beliebte Apollo Varieté in der Schildergasse beispielsweise zeigte 1897 die lebenden Photographien anlässlich eines Umbaus als Höhe- und Schlusspunkt in einem Galaprogramm.

Besonders geeignet für die Präsentation dieser technischen Neuerung waren die großen Gewerbeausstellungen in Berlin und Stuttgart: über mehrere Wochen und Monate präsentierte sich hier die deutsche Wirtschaft mit neuen Produkten und zahlreichen Attraktionen für das unterhaltungswillige Publikum.

Auch in den folgenden Jahren zogen die Vorführer mit den „Kinematographen“ von Ort zu Ort. Feste Abspielstätten etablierten sich erst ab 1906, als mit der Weiterentwicklung der Aufnahme- und Projektions-Technik auch längere Filme vorgeführt werden konnten. Das erste Kino wurde in Köln 1906 von Ludwig Stollwercks Deutscher Automaten Gesellschaft eröffnet, das Biographische Institut in der Hohen Pforte. Mit dem Weltkinematograph eröffnete im selben Jahr ein weiteres Innenstadtkino in der Schildergasse.

1907 gab es in Köln schon fünfzehn Kinos, darunter auch das erste Vorstadtkino in Nippes. Die Kinobegeisterung dieser Zeit war groß, ehemalige Theater und Varietés, wie z.B. das Apollo wurden zu Lichtspieltheatern umgebaut. Und bereits 1910 konnte das Kölner Kinopublikum unter 19 Kinos auswählen.