Kontakt

Kinos für Jedermann

 
 

Neben den Filmpalästen gab es in den Zwanzigerjahren eine sehr kölsche Form der Kinounterhaltung: die „Kinos für Jedermann“. Als ihr Begründer Paul Jockel 1926 in Kalk sein erstes Kino eröffnet hatte, war er auf wenig Verständnis gestoßen: „Was will Jockel denn nun mit einem Kino, von dem er keinen blauen Dunst hat, in einer so abgelegenen Gegend?“ fragte Heinrich Stüttgen, der das Severin Kinema auf der Severinstraße und die Apollo-Lichtspiele auf der Schildergasse führte.

 

Das in der Kapitelstraße gelegene Monopol-Theater war der Grundstein für ein „Kino-Imperium“ das sich bald bis nach Düsseldorf ausdehnen sollte. Zunächst firmierte das Monopol-Theater mit rund 350 Plätzen als Vorortkino. Gezeigt wurden zumeist Filme, die auch in anderen Kölner Kinos schon gelaufen waren. Mit verschiedenen Vergünstigungen, billigem Eintritt (30 Pfennig) und einem Glas Bier zog Jockel das Publikum an. Auch bei der Werbung ließ er sich stets etwas einfallen: Im Februar 1927 entwarf er für die Vorführungen des russischen Films „Panzerkreuzer Potemkin“ von Sergej Eisenstein einen eigenen Reklamewagen, auf dem er einen nachgebauten Panzerkreuzer mit einer Schalmei-Kapelle platzierte.

„Selfmademan“ Paul Jockel

 

Buchautor Hans W. Kröning lobt den „Selfmademan“ Jockel denn auch: „Mit klarem Blick erkannte der amerikanische Instinkt in Jockel, daß nur ein ganz auf die Masse, auf das Volk eingestelltes Kino hier Erfolg haben könnte, und so entstand das Wort ›Kino für Jedermann‹, heute ein Begriff für ein ganzes System. Jockels Grundsatz ist: „Kino ist Unterhaltungsstätte“.“
Zwischen 1930 und 1932 besaß Paul Jockel dann 15 „Kinos für Jedermann“ in Köln, und nicht nur die Fachpresse bezeichnete ihn als „Kinokönig“. Jockel, am 12. Juli 1881 in Hamburg geboren, war ursprünglich Ingenieur mit dem Spezialfach Kranbau. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in den USA kehrte er 1919 nach Deutschland zurück und arbeitete seit 1922 als Ingenieur in der Kalker Maschinenfabrik Becker (KMB).

 

Der Name, den auch seine Firma trug, wurde zum Programm. Die „Kinos für Jedermann“ waren keine „Filmpaläste“ und eiferten in ihrer Ausstattung auch keinem Theater nach. Eher etwas heruntergewirtschaftete Säle, die schnell umgebaut werden konnten, waren das Augenmerk des neuen Kinobesitzers. Sie waren oft ebenerdig, ohne Logen oder Rang und boten Unterhaltung in schlichter Umgebung. „[…] Essen, Trinken, Rauchen, Flanieren und Kommentieren des Films – fand hier wie in der Frühzeit des Kinos innerhalb ein und desselben Raumes statt. Auch hier wurde die eigentliche Filmvorführung abgerundet durch Varietéeinlagen und artistische Darbietungen; aber statt international bekannter Artisten wie Rastelli traten beliebte Kölner Vortragskünstler auf, oder das Programm wurde durch sportliche Veranstaltungen wie Ring- oder Boxkämpfe ergänzt.“