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Dokumentarisches

 
 

Mit mehr als 650.000 Einwohnern war Köln 1920 die viertgrößte Metropole des Landes. Nach dem Ersten Weltkrieg war der Alltag in der Stadt von Armut und Elend geprägt, die Arbeitslosigkeit war hoch und die Auseinandersetzungen in den Betrieben nahmen an Schärfe zu. 1920 demonstrierten 120.000 Menschen gegen den von Rechtsradikalen angezettelten Kappputsch und auf dem Höhepunkt der Inflation 1923 kostete ein Liter Milch 280.000 Mark (ähnlich viel kostete eine Kinokarte). Kommunisten besetzten in Köln Fabriken und die Kölner Dadaisten lösten kulturpolitische Skandale aus.

Die Dokumentationen und Filmreportagen aus den zwanziger Jahren geben Einblick in das Leben in Köln, in Alltag und Entwicklungen und bieten Ansichten der Stadt vor ihrer fast vollständigen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. 

Stadtgeschichte

 

Der 1922 fertiggestellte Lehr- und Kulturfilm „Der Rhein in Vergangenheit und Gegenwart“, illustriert in einer von insgesamt acht Rollen die Kölner Stadtgeschichte – von der Römerzeit über die mittelalterliche Hanse, den Bau von Dom, Severinskirche und Rheinbrücken bis zur „lebhaften Verkehrs- und Geschäftsstadt“ der „Gegenwart“. Zu sehen sind Kölner beim Einkaufsbummel auf der Hohe Straße, der geschäftige Betrieb im Rheinauhafen, die „bedeutenden Industrieanlagen der Gasmotorenfabrik Köln-Deutz“, Frauen bei der Pralinenproduktion in der Schokoladenfabrik Stollwerck und Bilder aus der Firma Johann Maria Farina, „in der auch heute das Geheimnis des 1709 erfundenen Kölnisch Wassers streng gehütet wird“.

Das Filmfragment mit dem Titel „Ereignisse der Jahre 1923-27“ ist bemerkenswert, weil es Aufnahmen von der Kölner Notgemeinschaft zeigt, einer Hilfsorganisation für Arme, die 1922 entstand. Die Gegensätze Arm und Reich werden in flüchtigen Bildern eingefangen: Männer und Frauen bieten auf dem Heumarkt das Wenige zum Kauf an, das sie haben, während voll besetzte Straßenbahnen mit besser gestellten Passagieren Richtung Dom vorüberrattern.

Filmfirma Böhm

 

Die Firma Böhm-Film, benannt nach dem Unternehmensgründer und Kölner Fotografen Arthur Böhm, bot eine Produktpalette, die laut Eigenwerbung – nicht weniger umfasste als „Fabrikation, Verleih und Auswertung von Natur-, Kultur-, Sport-, Industrie-, Leder-, Reise- und Propaganda-Filmen.“ Einer der wenigen Filme, die aus der Böhm-Film in Köln noch erhalten sind ist die Dokumentation „Wohnkultur, wie sie ist, wie sie war und wie sie sein soll“ (1928). Der Film schildert wie auch in Köln nach dem Ersten Weltkrieg „eine Wohnungsnot schlimmster Art“ herrschte und durch die Gründung von Genossenschaften der Bau von hellen, mustergültigen Sozialwohnungen in Zollstock, Sülz und Nippes in Angriff genommen wurde. Die Aufnahmen entstanden im Auftrag des Mieterschutzvereins Köln e.V., der sich um den sozialen Wohnungsbau in Köln bemühte.

Stolz auf die neuen städtebaulichen Entwicklungen in der Stadt klingt in Filmen wie der Dokumentation über die „Einweihung der Mülheimer Brücke“ im Jahre 1929 an, die als größte Kabel-Brücke der Welt erbaut wurde. Leider sind viele andere Filme, die die neuzeitliche Architektur und das „moderne Leben“ im Köln der zwanziger Jahre dokumentierten, verschollen.

Zu den wenigen noch erhaltenen Aufnahmen gehört die „Deulig-Wochenschau“: In dem kurzen Beitrag „Hochwasser“ aus dem Jahre 1924 ist das Wasser des Rheins so gestiegen, dass die Bewohner der Altstadt in Kähnen zu ihren Häusern rudern.

Abzug der Briten als filmisches Ereignis

 

Nur wenige politische Ereignisse sind uns heute noch im Film überliefert: Gleich mehrere Filmteams der Deulig Woche, der Ufa Wochenschau und des Pathé Journals berichteten über den „Abzug der Briten“ am 31. Januar 1926. Zwei Monate zuvor hatte Deutschland die Unverletzlichkeit der Westgrenzen zu Frankreich und Belgien vertraglich garantiert sowie die weitere Entmilitarisierung des Rheinlandes zugesichert. Danach zogen die seit 1918 in der Stadt lebenden alliierten Besatzungstruppen ab. Nach dem Abzug der Briten gab es eine „Befreiungsfeier der Kölner Polizei am 10. Februar 1926“ und eine weitere „Befreiungsfeier in Köln am 21. März in Anwesenheit des Reichspräsidenten von Hindenburg“, die filmisch festgehalten wurden.

Eine Dokumentation aus dem Jahre 1929 berichtet vom „2. Reichstreffen der christlichen Gewerkschaften am 10. und 11. August in Köln am Rhein“, mit Bildern vom gemeinsamen Gottesdienst am Dom, einer Gedenkfeier am Kolpingdenkmal vor der Minoritenkirche und einem Besuch des Reichsverkehrsministers Adam Stegerwald.

Sport und Weltwirtschaftskrise

 

Unterhaltsame und sportliche Ereignisse stehen eindeutig im Vordergrund wie „Radrennen in Köln“ (1920) oder „Das 14. Deutsche Turnfest“ 1928, das Kölns Oberbürgermeister Konrad Adenauer in die Stadt geholt hatte, um der deutschen Turnerschaft, der die Teilnahme an den Olympischen Spielen seit dem Ersten Weltkrieg verwehrt war, ihren „Nationalstolz“ wiederzugeben. 

Als sich die Weltwirtschaftskrise weiter zuspitzte und die Kölner Stadtkasse im Jahre 1931 nicht mehr in der Lage war, den 170.000 Kölnern, die auf die geringe Unterstützung des städtischen Wohlfahrtsamtes angewiesen waren, ihre Unterstützung zu zahlen, gründeten Stadt und Wohlfahrtsverbände die Kölner Nothilfe. Diese initiierte groß angelegte Sammlungen, um dem wachsenden Elend in der Stadt zu begegnen. Der Stummfilm „Kölner Gemeinschaftsgeiste in schwerer Zeit“ dokumentiert das Engagement von Gewerkschaften, dem Roten Kreuz, Frauenvereinen, katholischen und evangelischen Einrichtungen, der Synagogen-Gemeinde sowie städtischen Stellen.

Auch der Kölner Karnevalsverein „Kölsche Funke rut-weiß vun 1823 e.V." unterstützte die Kölner Nothilfe und beteiligte sich am Dreh eines Kurzspielfilms mit dem Titel „Die Verhaftung des Dr. Geiz“. Als der Werbefilm für die Kölner Nothilfe an einem Sonntagmorgen im Ufa-Palast auf dem Ring seine Premiere erlebte, war der Kinosaal voll und die Aufführung des „traditionellen Stippeföttche“ durch die „Publikumslieblinge des Kölner Karnevals“ soll die Spendenbereitschaft erheblich gefördert haben.