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Heißes Pflaster Köln

Bundesrepublik Deutschland 1967, 90 min

Filmausschnitt

Filmausschnitt
© Lisa Film

Heißes Pflaster

Heißes Pflaster
© DIF

© Lisa Film

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Credits

Regie: Ernst Hofbauer
Drehbuch: Claus Tinney
Musik: Claudius Alzner
Kamera: Hans Jura

Darsteller:
Arthur Brauss
Herbert Fux
Beate Hasemann
Richard Münch


Produktion: Lisa-Film GmbH, München
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Inhalt

„Heißes Pflaster Köln“ ist einer von mehreren Filmen der 1960er-Jahre, die mit reißerisch aufgemachten Titeln ihre Geschichten im „verdorbenen“ Großstadtleben verorteten. Der Spielfilm dreht sich um die kriminelle Energie des stadtbekannten Ganoven Paul und seine Rachepläne gegen einen Staatsanwalt, der seinen Bruder ins Gefängnis gebracht hat. Parallel dazu steigt ein österreichischer Bordellbesitzer ins Kölner Rotlichtmilieu ein und legt sich dabei mit der lokalen Szene an. Damit nicht genug, erpressen zwei junge Mädchen eine alte Frau regelmäßig um ihr Geld und schrecken sogar vor Totschlag nicht zurück: Verderben wohin man schaut.

Harte Kerle, leichte Mädchen
Die Figuren sind holzschnitthaft gezeichnet. Da ist der biedere Kölner, der sich über einen Krimi im Fernsehen aufregt, aber Stammgast in einer Kneipe ist, die als Treffpunkt des Milieus dient. Im Bordell kennt er sich ebenfalls bestens aus. Nachbarn ziehen die Vorhänge vor, wenn im Hinterhof ein Mann zusammengeschlagen wird, der Ganove Paul Keil schlägt sofort jähzornig Geschirr kaputt, wenn er nur den Namen des Staatsanwaltes hört. Und auch die anderen Ganoven (u.a. gespielt von Klaus Löwitsch) zeichnen sich durch lässiges Herumlungern, eine schnelle Faust und derbe Sprüche aus.
Für die "verdorbene Jugend" stehen die zwei Mädchen, "noch nicht mal sechzehn", die in kurzen Röcken und mit schnippischen Bemerkungen Passanten und Taxifahrer beleidigen und zuviel Alkohol trinken.

Verfolgungsjagd in der Innenstadt
Die Großstadt ist präsent als Ort des Lasters im Bordell, mit Straßenstrich und einer Eckkneipe, die Treffpunkt zwielichtiger Typen ist. Man sieht Einkaufsstraßen (Hohe Straße und Schildergasse, letztere noch mit Autoverkehr), die Rheinpromenade mit Schiffen, die als Versteck genutzt werden sowie die Messehalle, wo der Showdown mit Schusswechsel stattfindet. Dem Genre gemäß kommt es zu einer wilden Jagd im Auto quer durch die Stadt, die in einer Sandgrube endet. Diese Sequenz greift die ersten Bilder des Films auf, in denen ein ganz ähnliches Szenario gezeigt wird – allerdings als Zitat aus einem Fernsehfilm mit dem Titel "Tote kehren nie wieder". Damit ist ein starkes Anfangssignal gesetzt, das Genre klar bezeichnet.

Zum Action-Krimi der sechziger Jahre fügen sich zwei weitere Szenen: direkt in den ersten Minuten des Films kommt es zu einer nächtlichen Schlägerei zwischen zwei rivalisierenden Zuhältergruppen: Kölner gegen Wiener, mitten in der Stadt in einem Hinterhof.
Der Überfall auf den Staatsanwalt findet am hellichten Tag auf der Hohe Straße statt. Die Bedrohung durch Kriminalität ist zwischen normalen Passanten angesiedelt und wirkt damit umso unvorhersehbarer und beängstigender.
Nach dem stark auf Action und Spannung angelegten Plot kommt der Off-Kommentar am Ende des Films überraschend. "Das Erschreckende: viele Kinder sind heute keine Kinder mehr. Aber könnten wir alle nicht mehr als wir es tun, dazu beitragen, Auswüchse zu bekämpfen, Verbrechen zu verhindern?"

Sorge ums Image der Stadt
Der Film sorgte Mitte der sechziger Jahre für viel Furore in Köln. Denn es gab durchaus einige Ähnlichkeiten mit realen Ereignissen – zwei Mädchen hatten in Köln eine Rentnerin ermordet und Toni Dumm, als „Dummse Tünn“ stadtbekannte Figur der Kölner Unterwelt, hatte einem Staatsanwalt mit Attentat gedroht. Darüber hinaus aber ging es vor allem um das Image der Domstadt. Am Tag vor der Premiere am 1.9.1967 sorgte der Kölner Stadtanzeiger mit seiner Berichterstattung für Aufregung: „Ein neuer Kriminalfilm erschreckt die Fremdenverkehrswerber und macht Polizeibeamte zornig.

Dann heißt es weiter: „Seit zwei Jahren haben Kölns Schutzmänner wieder Zeit zum Gähnen: Die Schlägercliquen, die die Innenstadt terrorisierten, sind gezähmt; der einheimische Prügelknabe Nummer eins, Anton Dumm, sitzt hinter Gittern; und die Kriminalstatistik, einst nur Lektüre für starke Nerven, verursacht heute auch Klosterschülerinnen keine Gänsehaut mehr. Köln ist wieder, was es vor Beginn seiner Flegeljahre war: Hübsch. Ruhig. Ein wenig provinziell. Millionen bundesdeutscher Kinobesucher aber werden vom Wochenende an eines Besseren belehrt: Ab Freitag läuft in 30 Städten zwischen Isar und Elbe ein Grusical an, das ihnen weismacht, daß in Köln noch immer der Teufel los ist: Heißes Pflaster Köln.
Die Zeitung zitiert den ungehaltenen stellvertretenden Leiter des Verkehrsbüros, dem diese Art der Werbung höchst unlieb ist: „Über so einen Film kann sich keine Stadt freuen.
„Heißes Pflaster Köln“ steht mit seiner Darstellung von Laster, Bosheit und Spießertum exemplarisch für einen bestimmten Bereich der Unterhaltungsfilme der sechziger Jahre. In der Dramaturgie eher simpel gebaut, unterhält der Film allerdings durch seine zeittypische Mischung aus sex and crime sowie durch wilde Verfolgungsjagden, Schlägereien und seine spezielle Melange aus kölschem Milieu und Wiener Schmäh.

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