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Kölnfilme in den 1950er-Jahren

 
 

Köln erlebte Anfang der fünfziger Jahre den größten Kinoboom in seiner Geschichte. 1956 gab es sage und schreibe 84 Kinos (mit 43.839 Sitzen!) in der Stadt, mehr als jemals zuvor, und mit 66.000 Kinobesuchern täglich wurde die Filmbegeisterung der Kölner nur noch von der der Berliner übertroffen.

Aber so filmfreudig Köln in den fünfziger Jahren auch war, eine „Film-Stadt“ war es nicht mehr: Die wichtigsten Produktionsfirmen, Ateliers, Synchronstudios und Verleiher saßen nach dem Krieg in Berlin, München und Hamburg. Zu den wenigen in Köln verbliebenen oder nach dem Krieg neu gegründeten Unternehmen der Branche gehörten das Filmkopierwerk der Gebrüder Epkens in Mülheim, die Profil-Film Frank Tietz (an der Rechtsschule), die Occident Film Produktion am Ubierring, die Rhewes Filmproduktion in der Glockengasse und die Dokumentarfilm-Produktion in der Blumenthalstraße. Daneben gab es zwar noch weitere kleinere Filmfirmen, diese verdienten ihr Geld aber zumeist weniger mit Spiel- und Dokumentarfilmen als mit Reklamespots.

Komödie mit Torwart

 

So entstanden in den fünfziger Jahren auch nur wenige Kino-Spielfilme aus und über Köln. Zwei Filme, die unterschiedlicher kaum sein könnten, stehen exemplarisch für die Themen und Ausdrucksformen der damaligen Jahre: Die Komödie „Das ideale Brautpaar“ von R.A. Stemmle (1953/54) und die DEFA-Produktion „Der Hauptmann von Köln“ (1956), von Slatan Dudow.

„Das ideale Brautpaar“ bietet eine lokale Besonderheit: Kein Filmstar, wohl aber ein aufstrebender junger Torwart, spielte dabei die Hauptrolle: Frans de Munck, damals Torwart beim 1. FC Köln.
Der Regiseur R.A. Stemmle war bei einem Spiel des 1. FC Köln im Stadion „von der athletischen Erscheinung“ des Kölner Tormannes so beeindruckt, dass er ihn für die Filmrolle verpflichtete. Da es Fußballprofis im heutigen Sinne damals noch nicht gab, arbeitete der gebürtige Holländer wochentags in einem Kölner Kaufhaus. Er erwies sich jedoch schon bei den ersten Probeaufnahmen als ausgesprochen „fotogen“ und talentiert.

Die Aufnahmen für die Komödie fanden im Funkhaus des Nordwestdeutschen Rundfunks Köln und in den Studios der Central Cinema Companie Artur Brauners in Berlin-Spandau statt. Außenaufnahmen rund um den Wallrafplatz in Köln sowie einige Wochenschau-Ausschnitte vom Spiel des 1. FC Köln gegen Rot-Weiß Essen im Müngersdorfer Stadion verleihen zusätzliches Lokalkolorit.

 

In der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 25.2.1954 fand der Film ein geteiltes Echo: „Längen am Anfang und die auf Rundfunkgeräuschkulisse abgestellte Musik, konventionelle Fotografie und die auf Volkstümlichkeit zielende – hier ungewollt symptomatisch wirkende – Einbeziehung des Rundfunk- und Fernseh-Empfangsgerätes als Statisten verwässern den Eindruck. Es geht manchmal scharf am erhobenen moralischen Zeigefinger vorbei, als ob jenes kürzlich erörterte Düsseldorfer Plädoyer des Familienministers für den 'ehebejahenden' Film bereits Ergebnisse zeige: dennoch muß das Ganze als geglückt bezeichnet werden, schon deshalb, weil dem breiten Publikum etwas geboten wird, was akzeptiert wird und was dennoch nicht auf der Linie der billigen Ware liegt.“

Eine DDR-Produktion mit Köln-Bezug

 

„Der Hauptmann von Köln“, eine DEFA-Produktion aus dem Jahr 1956 wich deutlich vom gängigen Unterhaltungsangebot im Kino ab.
Regisseur Slatan Dudow, der auch den Brechtschen Klassiker „Kuhle Wampe“ (1932) verfilmt hatte, verwies auf die personelle Kontinuität im gesellschaftlichen Leben der Bundesrepublik, in der einstige Nazi-Funktionäre bald wieder hohe Positionen in Politik und Wirtschaft bekleiden konnten. Im Film wird der arbeitslose Oberkellner Albert Hauptmann (Rolf Ludwig) mit einem Hauptmann der faschistischen Wehrmacht verwechselt. Schon bald öffnen sich ihm daraufhin Türen bis in die höchsten Spitzen der Gesellschaft. 

Slatan Dudow, der für seine Filmsatire in der Bundesrepublik Quellenstudien betrieben hatte, stützte sich nicht auf reale Begebenheiten in Köln. Angesichts der damaligen Remilitarisierung und Rehabilitierung einstiger politischer Akteure des NS-Regimes in der Bundesrepublik war der Film dennoch politisch hoch brisant und aktuell. Allein in der Filmindustrie wurden im Jahre 1957 rund 70% der westdeutschen Spielfilme von RegisseurInnen und DrehbuchautorInnen realisiert, die schon unter Goebbels gearbeitet hatten.

 

Nach den Worten des Filmhistorikers Ulrich Gregor hat Dudows Film seine besten Momente, „wenn er typische Aspekte westdeutschen Alltagslebens schildert. Da ist, gleich zu Beginn, die protzige Eleganz der Ladenstraßen in Köln, da ist dieser Zeitungsverkäufer mit den Sensationsschlagzeilen, da sind gummikauende Jünglinge, die vor Spielautomaten hocken. Grotesker, aber zugleich heimlicher Höhepunkt dieses westdeutschen Bilderbogens ist ein großes Soldatentreffen in einem Kölner Hotel mit Marschmusik. Fahnenrummel, Bierschwemme und Unteroffiziersstimmung, dazu einen zackigen ‚Einmarsch’ der Veranstalter, der sich offenbar an Goebbelscher Regie von Massenveranstaltungen orientierte.“ (Westdeutscher Bilderbogen, in: Die andere Zeitung, vom 31.1.1957)

Mit Studiobauten und einigen wenigen realen Stadt-Aufnahmen (Kölner Dom, Hohe Straße) fand Dudow eine eigene Perspektive auf die städtische Welt der Passanten, der Flaneure, der alten und neuen Aufsteiger und der sozialen Außenseiter. Ihre Sorgen und Zwangslagen hat er im Wechsel von betriebsamer Stadt-Atmosphäre und Milieuzeichnungen in einer ebenso melodramatischen wie neorealistischen Bildsprache inszeniert. Mit wenigen optischen Zeichen – wie den Repräsentationsbauten des Konzerns, des Rathauses, des Kölner Doms und der Hohe Straße – illustriert er die gesellschaftlichen Gegensätze, überzeichnet mit den Mitteln der Satire. 

Seinen Start erlebte der Film nicht am Rhein, sondern am 17.12.1956 in den Kinos der DDR. Ein Jahr später erhielten die Autoren Slatan Dudow, Henryk Keisch und Michael Tschesno-Hell für das Drehbuch den „Nationalpreis der sozialistischen deutschen Republik“. 
In westdeutschen Kinos war der Film damals nicht zu sehen und auch in der bundesdeutschen Filmkritik blieb er weitgehend unbeachtet. Erst drei Jahrzehnte später, nach dem Fall der Mauer, kam der Film in Einzelaufführungen auch in Köln in die Kinos.