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Kino für Kenner

 
 

In den Krisenjahren gab es kaum Neueröffnungen oder gar Neubauten. Eine Ausnahme war der Einstieg des Göttinger Verleihers und Kinobetreibers Walter Kirchner in Köln: Er übernahm im Sommer 1965 die Lupe auf der Zülpicher Straße und spielte sein bereits in zwei anderen Städten erprobtes Filmkunst-Programm. Mit anspruchsvollen Produktionen, Erstaufführungen, Filmen mit Untertiteln, Klassikern der Filmgeschichte und Retrospektiven sollten Zuschauer angesprochen werden, deutsche Komödien das »ältere Publikum« locken. Die Betreiber der Lupe (u.a. Franz Josef Pfeifer) stellten ihr Kino gelegentlich auch anderen Organisatoren und politischen Gruppen zur Verfügung. So konnte z.B. XSCREEN hier ab 1968 immer wieder Filmreihen veranstalten.

„Alternative Kinos"

 

In der Universität hatte sich seit den fünfziger Jahren mit der AGF (Arbeitsgemeinschaft für Filmfragen) eine studentisch geprägte Filmarbeit entwickelt, die in der Aula Flmvorführungen organsierte. 1970 gründeten mehrere der dort aktiven Filminteressierten und Filmfachleute den Cinemathek e.V., der im Vortragssaal des alten Wallraf-Richartz-Museums (heute Museum für Angewandte Kunst) spielte. Hier etablierte sich die Cinemathek mit umfangreichen Retrospektiven, thematischen Filmreihen und Porträts der Filmgeschichte.

Zusätzlich zu den regulären Kinos boten die nach dem Krieg gegründeten ausländischen Kulturinstitute neben vielfältigen anderen Aktivitäten zum Teil regelmäßige Filmvorführungen. In ambitionierten Programmreihen präsentierten sie damit das jeweilige Filmschaffen aus Frankreich, Großbritannien oder Japan. Der Kinosaal des ehemaligen British Council, (1950 von W. Riphahn erbaut, der auch das Institut Francais baute) wird noch heute vom Filmclub 813 als Kino genutzt.

Und auch die Volkshochschule (VHS) zählte lange Zeit zu den nicht-gewerblichen Kinoabspielstätten der Stadt. Im VHS-Forum, einem Bau neben der Kunsthalle am Neumarkt und direkt gegenüber dem VHS-Hauptgebäude gelegen konnte man seit den Fünfziger Jahren im Rahmen des VHS-Angebots Kurse zu Filmthemen besuchen. Der große Saal, der auch als Vortragssaal mit Bühne diente, fasste 400 Zuschauer.

Kino im Hochhaus

 

Mit dem Kino im Uni-Center war im März 1974 in unmittelbarer Nähe zur Universität ein neues Programmkino entstanden. Der Eingang lag etwas versteckt im Erdgeschoss des gerade errichteten
Hochhauses an der Ecke Luxemburger Straße/Universitätsstraße, die Säle „Melville“ und „Paris Pullman“ entsprachen mit 150 bzw. 100 Plätzen dem Trend zum kleinen Kino.
Ab 1976 bot das Kino im Uni-Center unter dem neuen Inhaber und Cartoon-Verleger Wolf Weitzdörfer, später dann mit Theaterleiter Albrecht Winterberg eine Mischung aus Erstaufführungen und Filmklassikern.

Schwerpunkt im Programm bildete der „junge deutsche Film“ mit Arbeiten von Herzog, Fassbinder und Achternbusch. Das Publikum bestand zu mehr als der Hälfte aus Studenten und Studentinnen, es war ein Stammpublikum, ähnlich dem in der Cinemathek. Mehrere Filme bekamen hier Kultstatus, etwa „Harold und Maude“ (1971) und „The Rocky Horror Picture Show“ (1975). Der Film mit Tim Curry und Susan Sarandon blieb von 1978 bis 1985 im Programm und entwickelte sich über die Jahre zu einem besonderen Event mit Publikumsbeteiligung, flackernden Feuerzeugen und im Chor gesprochenen Dialogen.

Die Geschichte des Kinos im Uni-Center endete nach elf Jahren im Oktober 1985: „Das unrühmliche Ende dieses lange Zeit führenden Kölner Programmkinos ist kennzeichnend für die lieblose und achtlose Weise, in der es in den letzten Jahren gemanagt und heruntergewirtschaftet worden ist“, so der Nachruf der Filmkritikerin Brigitte Desalm.