Mit Kriegsbeginn schlossen die meisten „Kinematographen-Theater“ ihre Tore. Doch die Kriegsjahre boten auch neue Geschäftsmöglichkeiten.
„Filmhandelsstadt des Westens“

Der Kinematograph kam im zweiten Kriegsjahr zu dem Schluss, dass die „Filmverleiher und Theaterbesitzer...so wie heute die Geschäftslage in Rheinland und Westfalen liegt“ durchaus „zufrieden sein“ könnten. Die Verleiher hätten sogar neue Abnehmer für ihre Filme gefunden, die „zu Friedenszeiten unbekannt“ gewesen waren: „die Frontkinos“. Diese verlangten zwar „tadellose, meist aus Lustspielen bestehende Programme“, zahlten hierfür aber „ganz akzeptable Preise.“ Insofern habe sich der Krieg „günstig auf die ganze Branche“ ausgewirkt, zumal „sowohl Filmverleiher wie Theaterbesitzer nur gegen Kasse kaufen... also die Zahlungsbedingungen gesünder geworden sind als in Friedenszeiten.“
Neue Verleihfirmen in Köln
Neben etablierten Firmen wie der Deutschen Film-Gesellschaft von Emil Schilling stiegen gleich mehrere neu gegründete Kölner Unternehmen in das aufblühende Verleihgeschäft ein und profitierten vom Kriegsgeschehen. Filme, die diese Firmen im Verleih hatten, spiegeln zugleich auch das Angebot an Melodramen, Komödien und Propagandafilmen, die während des Krieges in Kölner Kinos liefen.
1915 entstand die Film-Verleih-Centrale Chr. Endres (Hohe Pforte 14), die eine „reiche Auswahl an Monopol- und Beiprogrammen, Sonntags-Programmen (und) Front-Programmen“ bot und zudem „60 000 Meter“ Vorkriegsfilme, darunter „Schlager, Lustspiele, 2-Akter (und) 1-Akter“. Als „gewaltigen Sensationsfilm“ pries diese Firma D 14 (Regie: Harry Piel) an und zur Unterhaltung der Soldaten Filme wie D’r Haas em Pott – Hasenbraten, ein „Brillantes Lustspiel in drei Akten“, nach einem „Text“ des bekannten Kölner Sängers Willi Ostermann.
Der ebenfalls neu gegründete Verleih Karl Thioux (Langgasse 6) vertrieb Filme der Deutschen Mutoskop- und Biograph-Gesellschaft, die schon Henny Porten unter Vertrag genommen hatte und die im Krieg weitere Filme mit Theaterschauspielern aus Berlin, Dresden oder Wien produzierte.
Mit einem Stammkapital von damals erstaunlichen 20 000 Mark stieg der Kölner Kaufmann Moritz Alexander in das Verleihgeschäft ein. Er gründete im Mai 1916 die Colonia-Film GmbH (Hohestrasse 48) und offerierte in einer groß angelegten Anzeigenkampagne „bedeutende Schlager“, für die er das Monopol für Rheinland, Westfalen und das Saargebiet erworben habe. Werbemotto: „Nichts ist gesünder auf der Welt, als ab und zu sich krank zu lachen!“
Auch die von Christoph Mülleneisen und Heinrich Schwartz gegründete größte Kölner Produktions- und Vertriebsgesellschaft Dekage expandierte in den Kriegsjahren weiter. 1917 kaufte sie die Colonia-Film auf und wechselte gleich mehrfach die Besitzer sowie die Firmenbezeichnung. Erst erwarb Wilhelm Graf das aufstrebende Unternehmen, dann firmierte es kurzzeitig unter dem Namen eines neuen Eigners als Filmvertrieb Paul Prior bis es schließlich von dem Kölner Kaufmann Bernhard Spielmanns übernommen und in Dekage FilmVertrieb GmbH umgenannt wurde. Wilhelm Graf hatte zuerst eine Filiale der Kölner Firma in Berlin gegründet und sich dann selbst dort niedergelassen. Im November 1916 gründete er den Zentralverband der Filmverleiher Deutschlands, der über das Kriegsende hinaus Bestand und Bedeutung in der Filmbranche haben sollte.
Neue Produktionsfirmen

1917 drängten selbst Firmen, die sich bis dahin auf Produktion und Vertrieb von Film- und Kinotechnik beschränkt hatten, auf den profitablen Verleihmarkt, darunter die Rheinische Film-Gesellschaft. Sie brachte Propagandastreifen der Berliner BUFA heraus und Titel wie Es werde Licht. Dabei handelte es sich laut Eigenwerbung um einen „spektakulären Aufklärungsfilm“ von Richard Oswald, produziert „mit Unterstützung der Aerztlichen Gesellschaft für Sexualwissenschaft“, den die Kölnische Zeitung als eine „für das Volkswohl hochwichtige Unternehmung“ anpries, um „mit allen Kräften gegen Prostitution und Geschlechtskrankheiten zu Felde zu ziehen“. Weil diese „eindringliche Mahnung“ gerade in Kriegszeiten von besonderer Wichtigkeit war, lautete das Fazit der Filmkritik: „So mag denn dieses Werk zum Segen unserer Volksgesundheit, der wir denn jetzt mehr wie je bedürfen, seinen Weg in alle Lichtspieltheater unseres Vaterlandes finden.“

Im Januar 1918 entstand mit der Rhenania-Film-Gesellschaft, Schmidt-Sturmburg & Co. o.HG (Breitestrasse 12/14) noch eine neue Produktionsfirma in Köln. Ihrem ersten Film Richmodis von Aducht oder Der schwarze Tod lag eine Kölner Legende zugrunde, wonach die schöne Richmodis zur Zeit der Pest aus ihrem Grab auf dem Friedhof an St. Aposteln wieder auferstand und ihr Gatte aus Dank dafür, dass Pferde ihn dieses Wunder glauben ließen, zwei steinerne Pferdeköpfe an seinem Haus anbringen ließ. Diese sind noch heute in der Richmodisstraße zu sehen). Der Stadt-Anzeiger hob hervor, dass bei der Verfilmung der Sage „bewährte Kräfte des Kölner Schauspielhauses... mitgewirkt“ hätten und „künstlerische Schauseiten und Portale Kölner Kirchen und Gebäude“ als „zeitcharakteristischer Hintergrund und Schauplatz“ dienten.
Seine Uraufführung erlebte dieser Film im April 1918 nicht in einem Kino, sondern im Kölner Gürzenich und mit den Einnahmen aus den Eintrittsgeldern wurden „Kölner Kriegswaisen“ unterstützt.
Im Herbst des Jahres 1918 stellte die Sturmburg-Film-Gesellschaft (möglicherweise eine Abspaltung aus der Firma Rhenania) den Film Das K.V.-Sanatorium vor, der am 6. November im Rahmen der Militärlichtspiele im Metropoltheaterzur Aufführung kam. Kölns Filmproduzenten boten bis in die letzten Kriegstage Unterhaltungsfilme, die Zerstreuung und Ablenkung vom Krieg bieten sollten, wie die nachfolgende Filmkritik im Kinematograph zeigt:
„Der Inhalt des dreiaktigen Lustspiels bringt in zwölfhundert Metern die Geschichte eines netten jungen Mannes, der ein schlecht gehendes Sanatorium besitzt, ein junges Mädel liebt, das ihn schon möchte, wenn der Vater wollte. Wie der Vater herumgekriegt wird, mit Hilfe einer schicken Schauspielerin, ist zwar nicht neu, aber immer amüsant. Pensionatsszenen, Jungen- und Mädelsstreiche, ulkige Titel helfen über die 1200 Meter hinweg, die hie und da besser photographiert sein könnten. Die Darsteller – soweit es Schauspieler sind – allen voran Peter Millowitsch, waren mit Liebe und Laune bei der Sache... Die Komparserie – Produkte der Cölner Kinoschulen – nahmen ihre Sachen sehr ernst und erzielten damit beim Fachmann den richtigen Heiterkeitserfolg. Die Zuschauer – außer Soldaten die Angehörigen der Mitwirkenden – verfolgten die Darbietungen mit großer Aufmerksamkeit, im Saal herrschte feierliche Stille. Der Schluß des Stückes bringt drei glückliche Paare und die Auflösung des Rätsels im Titel K.V. … kolossales Verlobungs-Sanatorium.“